Beaujolais ist einer der bekanntesten und beliebtesten französischen Rotweine, der zu einhundert Prozent aus der Rebsorte Gamay vinifiziert wird. Es gibt drei Kategorien:
- AOC Beaujolais Crus : zehn dieser Crus stehen an der Qualitätsspitze des Beaujolais
- AOC Beaujolais Villages : quasi die Mittelklasse, die sich ringförmig um die crus anordnen
- AOC Beaujolais: bildet die unterste Ebene mit Anbauflächen im Süden von Villefranche-sur-Saône
Winzertradition contra Geschwindigkeit: Der Primeur, der Jungwein aus dem reizvoll-hügeligen Beaujolais, ist zwar in aller Munde – und zwar im wahrsten Wortsinn – wenn er im November seine Weltreise antritt, doch verdeckt der süffige Breitengenuss allzu oft, dass hier auch hervorragend ausgebaute Tropfen entstehen. Die Route de Beaujolais verbindet zahlreiche Weinorte des gleichnamigen Anbaugebietes. Das Beaujolais grenzt im Norden an Burgund und reicht im Süden bis Lyon. Die Böden setzen sich überwiegend aus Ton und Granit zusammen; dominierend ist die Rebsorte Gamay. Historisch ist Beaujolais ein Teil Burgunds, beide Weine unterscheiden sich jedoch elementar. Hauptsächlich Rotweine werden im Beaujolais produziert, Rosé ist recht selten, und Weißweine spielen am Markt fast keine Rolle. Zugleich Verkaufsschlager und Marketing-problem ist der Primeur, der Jungwein, der so beliebt, bei Genießern hingegen verrufen ist und damit das gesamte Gebiet in Misskredit brachte.
Mag's noch so kalt sein, der dritte Samstag im November ist für das Beaujolais der heißeste Tag des Jahres. Da wird Villefranche – sonst ein ruhiges Provinznest – von Hektik befallen. Das Zentrum des Weinhandels ist an diesem Tag voller Lastwagen, die eilends beladen werden. Die Fahrer gönnen sich kaum ein Abendessen, um einen möglichst günstigen Platz an der Ortsgrenze zu ergattern. Schlag Mitternacht heulen die Motoren auf. Die Routiers, wie Lastwagenfahrer in Frankreich heißen, liefern sich verwegene Rennen. Am nächsten Morgen soll die Ware in Deutschland, Belgien, Holland, England sein. An den Türen locken schon Schilder: Le Beaujolais Primeur est arrivé. Am Sonntagabend, wenn er endlich freigegeben ist, wollen fröhliche Menschen von Manchester bis Marseille, von Biarritz bis Berlin den neuen Wein genießen – kaum zwei Monate nach der Ernte.
In den paar Wochen hat der Stoff schon manches mitgemacht: er vergor unter Druck, damit sich der rote Farbstoff schneller aus den Beeren löst. Er wurde rasch abgepresst, mit Zucker versetzt und hoch erwärmt, um schneller eine zweite Gärung in Gang zu setzen, die wiederum die spitze Säure mildern soll. Anschließend erlitt er einen Kälteschock und wirbelte durch eine Zentrifuge. Nur vier Wochen ruhte er in Tanks, um erneut durch Filter gepresst, geschwefelt und in letzter Minute gefüllt zu werden. Wer dem Primeur zu frohgemut zuspricht, erlebt in der Nacht darauf ein Herzsausen, als hätte er am Abend fünf Kannen Kaffee geleert. Der dicke Kopf anderntags ist nicht auszuschließen. Unter Wein-Profis fallen die Ansichten über den frühen Beaujolais einhellig negativ aus. Gewiss ist der Beaujolais jung zu trinken, nichts, was jahrelang reifen muss. Doch wäre es immer noch früh genug, ließen sich Erzeuger und Verbraucher die Zeit bis zum Sommer nach der Ernte.
Der Beaujolais-Verband UIVB in Villefranche hatte niemals den jungen Wein gefördert, das schnelle Geschäft vielmehr misstrauisch verfolgt. Seit Jahren setzen die Weinwirte – im Gegensatz zur inzwischen abflauenden Modeerscheinung des Primeur – auf ihre besseren Sorten, auf die Gewächse aus dem Villages-Gebiet nördlich von Villefranche. Dies ist das eigentliche Beaujolais, wie es in der bekannten Dorferzählung Clochemerle von Gabriel Chevalier beschrieben ist, eine hügelige Landschaft mit hübschen Dörfern, verbunden durch eine Straße, die zu recht Route pittoresque genannt wird, ein Ländchen zum Trödeln und Genießen eben. Zehn Dörfer – Villages – genießen das Recht, eigene Herkunftsbezeichnungen – Appellations – zu führen. Untereinander tragen sie einen fröhlichen Wettstreit aus, wer denn nun den besten, typischsten Beaujolais keltert. Wenn Sie uns fragen: Es ist der von Fleurie. Der Name trägt das Wort Blume in sich, und in der Tat sind die Weine dort betont blumig, duften deutlich nach Veilchen. Zu dieser mehr verspielten, femininen Art gehören auch Saint-Amour und Chiroubles. Der Brouilly, der auch äußerst schätzenswert ist, hat eine pikante Säure.
Régnié, Juliénas, Chénas und Morgon sind eine Spur gewichtiger, festlicher. Als Höhepunkt des Beaujolais wird Moulin-à-Vent gefeiert, ein schon wuchtig zu nennender Stoff, der in guten Jahren an einen großen Burgunder heranreicht und – große Ausnahme – lagerfähig ist. Solche Gewächse kosten aber auch schon deutlich an die zwanzig Euro. Wer nicht so viel Geld ausgeben möchte, kann aus dem Beaujolais mitunter Qualität zu erstaunlich niedrigen Preisen finden. Denn neben dem Côtes-du-Rhône gehört der Beaujolais zu den ordentlichsten Rotweinen im Handel.